Basierend auf der Konzeptstudie Concept Fire Truck (CFT) hat Rosenbauer die Baureihe RT (Revolutionary Technology), das Feuerwehrfahrzeug für die Zukunft, entwickelt. Der erste Protoyp wurde bereits im Juni 2020 vorgestellt.
Nun war es an der Zeit, die ersten Fahrzeuge (insgesamt fünf) aus dem Rosenbauer Werk in Leonding intensiv zu testen.
Tarnen und Täuschen
Der Begriff des „Erlkönigs“ bezeichnet gemeinhin Prototypen-Fahrzeuge, welche mit unförmig gestalteten Beklebungen der Außenhülle die finalen Konturen für den Betrachter verschleiern sollen. Auch beim RT wurde großer Wert daraufgelegt, das neue Fahrzeugdesign noch nicht vor der Produktvorstellung öffentlich zu zeigen, aber dennoch die Fahrzeuge schon intensiv zu erproben, da dies für den Entwicklungsfortschritt wesentlich ist. Die außergewöhnliche Camouflage-Beklebung zog zudem auch viele aufmerksame Blicke auf sich, und lies die Spannung steigen, was da wohl dahinter steckt…
- RT-Prototyp 1 in Fahrt
- RT-Prototyp mit Camouflage-Beklebung
Vorbereitungen
Anfang Juli wurde mit der Fahrzeugerprobung der RT-Fahrzeuge begonnen, um die Vorserienfahrzeuge bereit für den Einsatz beim Kunden zu machen.
Dazu wurde ein umfassendes Messsystem in jedem Fahrzeug installiert. Dieses speichert zu jeder Aktivität des Fahrzeugs die CAN-Signale von verschiedenen Systemen am Fahrzeug (wie z.B. Fahrzeuggeschwindigkeit, Motordrehzahlen, Batterieladezustand, Kühlmitteltemperaturen u.v.m.). Zusätzlich zeichnen verschiedene Sensoren an bestimmten Positionen Beschleunigung, Druck, Temperatur oder Durchfluss auf. Auch ein präzises GPS-Signal und die Aufnahmen der Dashboard-Kamera sind bei der Messdatenauswertung hilfreich, um das Fahrzeugverhalten genauestens zu analysieren. Darüber hinaus können mithilfe von applizierten Dehnmessstreifen auf relevanten Bauteilen dort auftretende Belastungen ermittelt, und darauffolgend Optimierungen vorgenommen werden.
Die Fahrzeuge sind aber nicht nur vollgepackt mit Elektronik, denn es wurden für die Fahrtests auch Zusatzgewichte montiert, um das Einsatzgewicht zu simulieren. So waren die Geräteräume im Aufbau mit befüllten Wasserbehältern beladen. Die Mannschaftsraumsitze wurden mit „Dummies“ in Form von nachgebildeten, mit Wasser befüllten Oberkörpern aus Kunststoff besetzt. Natürlich wurde auch der im Aufbau befindliche Wassertank gefüllt, welcher eine wesentliche Hauptkomponente in der Gewichtsbilanz darstellt.
Die Fahrzeuge wurden nachfolgend am werksinternen Bremsenprüfstand getestet und die Lenkgeometrie, Spur sowie Scheinwerfer präzise eingestellt. Anschließend gab es noch eine kalte Dusche (Dichtheitsprobe beim Sprühbalken) bevor es in die nächste Phase ging.
- RT Berlin: Beladung mit Ersatzgewichten
- RT Berlin beim Bremsenprüfstand
- RT Berlin bei der Überprüfung der Beleuchtungseinrichtung
- RT Amsterdam bei der Wasser-Dichtheitsprobe
Tests am Testgelände
Am MAGNA Testgelände in St. Valentin (NÖ) wurden erste dynamisch Fahrzeugtests durchgeführt, wie z.B. Beschleunigung, Bremsen, Kreisfahrt, Spurwechsel, etc.
Auch die neuartigen Besonderheiten bei diesem Fahrzeugtyp wie die Hinterachslenkung sowie das höhenverstellbare Fahrwerk wurden in Betrieb genommen und dabei die Wendigkeit und Geländefähigkeit analysiert und bewertet.
Im Anschluss wurde in einem 100 km Dauerlauf die Fahrdynamik sowie das Lenksystem bewertet, und das gesamte System „stabil“ gefahren. Zudem wurden alle relevanten Verschraubungen auf Festigkeit kontrolliert, was während der Erprobungsphase eine tägliche Abendroutine darstellt.
Es folgte die Parametrierung der automatischen Differentialsperren-Funktion, somit war auch die Schlechtwegstrecke (Offroad-Gelände) und die 40 %-Steigung kein Hindernis mehr.
Danach wurde ein weiterer Dauerlauf mit 300 km (auf Asphalt sowie unbefestigten Untergrund) durchgeführt, bevor die Erprobung in den nächsten Schritt ging.
- RT Berlin am Testgelände in St. Valentin
- RT-Prototyp 1 mit angehobenen Fahrwerk-Niveau
- RT Berlin mit aktiver Hinterachslenkung
- RT-Prototyp 2 beim Slalom-Manöver
- RT Amsterdam bei der Kreisfahrt
- RT Amsterdam auf der Off-road Teststrecke
- RT Berlin beim Geschwindigkeitstest
- RT-Prototyp 2 bei der Unterboden-Inspektion
- RT Berlin beim Testing am frühen Morgen vor dem Dauerlauf
Tests auf der Straße
Mit Probekennzeichen ausgestattet, reihte sich der RT auch im öffentlichen Verkehr ein und zog durch seine außergewöhnliche Beklebung so einige aufmerksame Blicke von Passanten auf sich.
Bei der Erprobung im Zentralraum Linz überzeugte die Testfahrer vor allem die Fahrperformance und die gute Wendigkeit des Fahrzeugs. Der elektrische Fahrantrieb erlaubt dem Fahrzeug ein zügiges und unterbrechungsfreies Anfahren, und beim Verzögern wird durch die Rekuperation die Bremsenergie in elektrische Energie umgewandelt. Im Hybrid-Modus sorgt der Range Extender (Dieselmotor) dafür, dass Reichweite und Einsatzdauer entsprechend verlängert werden.
- RT Berlin bei einer Testfahrt entlang der Donau durch Linz
- RT Berlin bei einer Testfahrt durch Linz
- RT Berlin bei einer Testfahrt durch das Linzer Industriegebiet
- RT Berlin bei einer Testfahrt durch ein Linzer Wohngebiet
- RT Berlin bei einer Testfahrt durch Linz
- RT Berlin unterwegs in der Umgebung von Linz
Tests bei Rosenbauer
Ein Einsatzfahrzeug wird ja nicht nur zum Einsatz gefahren, sondern auch am Einsatzort betrieben. Somit war es auch klar, dass in der Testphase sämtliche Aggregate, welche für den erfolgreichen Einsatzablauf notwendig sind, erprobt werden müssen.
Allen voran ist hier der Pumpenprüfstand zu nennen. Dabei wird die im Fahrzeug integrierte Löschwasserpumpe in Verbindung mit der Verrohrung getestet. Neben der maximalen Performance wurden auch Druck und Durchfluss bei den geforderten Betriebspunkten ermittelt.
Darüber hinaus wurden die elektrischen Komponenten auf ihre Funktion geprüft, wie z.B. die Warneinrichtungen („Blaulicht“ und „Martinshorn“) sowie die LED-Umfeldbeleuchtung und die optionale Stromversorgung („Netznachbildung“), welche elektrische Energie aus der Hochvolt-Batterie umwandelt und dem Anwender zur Verfügung stellt.
Eine wesentliche Neuheit bei diesem elektrischen Fahrzeug ist auch die Lademöglichkeit (Plug-In charging). Nach den vielen Tests musste auch der Energiespeicher (Hochvolt-Batterie) wieder aufgefüllt werden, und dieser Vorgang bedarf ebenso einigen Tests, bei welchen unter anderem die richtige Kommunikation zwischen Fahrzeug und Ladegerät korrekt eingestellt werden muss. Dieses Fahrzeug verfügt über einen Ladestecker vom Typ Combo CCS Type 2, somit ist es möglich im AC-mode (Wechselstrom) mit bis zu 22 kW und im DC-mode (Gleichstrom) mit bis zu 150 kW zu laden.
- RT-Prototyp 1 beim Blaulicht-Funktionstest
- RT-Prototyp 1 beim Funktionstest der Umfeldbeleuchtung
- RT-Prototyp 1 beim Funktionstest des Ladesystems
Und es geht noch weiter
Die Erprobungsphase der ersten Vorserienfahrzeuge ist noch nicht abgeschlossen, denn es wird noch bis zur Auslieferung weiter getestet und geprüft. Um den Überblick zu behalten wurde ein umfassender Testkatalog erstellt, welcher von jedem Fahrzeug absolviert werden muss. Dieser beinhaltet zu Beginn die funktionalen Tests, es folgen statische sowie dynamische Fahrzeugerprobungen, danach die Zertifizierungstests und abschließend die Fahrzeug-Abnahme durch den Kunden. Und auch bei den Kunden werden die Fahrzeuge zu Beginn ausführlich getestet und die Mannschaft auf die Bedienung des Fahrzeugs geschult, bevor die RTs dann in die Realeinsatz übergehen und somit bereit sind für den Moment, wenn Technologie nicht nur funktionieren muss – sondern entscheidet.
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