Aktuelle Vorfälle unterstreichen, dass das Umstürzen, sprich Kippen, von Tanklöschfahrzeugen ein genauso brisantes wie aktuelles Thema in der Feuerwehrbranche ist. Rosenbauer, als Innovations- und Weltmarktführer, setzt sich seit jeher gewissenhaft mit dem Thema Sicherheit und Unfallvermeidung auseinander. Das Rosenbauer Engineering investiert viel Zeit und Energie, die bestmöglichen Lösungen zur Unfallvermeidung in die Produkte zu integrieren und stets am neusten Stand der Technik zu sein bzw. neue Maßstäbe zu setzen.
Rosenbauer sieht auch seine Aufgabe darin zu informieren, u.a. darüber welche physikalischen Kräfte auf ein Tanklöschfahrzeug in der Kurvenfahrt wirken und welche Maßnahmen zur Unfallvermeidung man daraus ableiten kann.
Gewichts- und Fliehkraft bei Kurvenfahrt
Je schneller ein Fahrzeug in eine Kurve fährt, desto größer wird die Fliehkraft FF (Zentrifugalkraft) die auf seinen Massenschwerpunkt m wirkt. In dieser Betrachtung wird angenommen, dass das Fahrzeug nicht nach vorne wegschiebt, sprich nicht ins Rutschen kommt, sondern seine Spur hält.
Fährt das Fahrzeug in eine Kurve mit einer Geschwindigkeit v größer als die Kippgrenze vKippgrenze, wird zwischen dem Massenschwerpunkt und dem Kipppunkt ein Drehmoment MK aufgebaut, welches das Fahrzeug über den Kipppunkt nach außen kippen lässt.
Im Folgenden werden links die Kraft-Vektoren einer Kurvenfahrt an der Kippgrenze, rechts die Kraft-Vektoren einer Kurvenfahrt über der Kippgrenze gezeigt:
Mathematisch lassen sich aus den Bildern bzw. den Formeln folgende Schlussfolgerungen ziehen:
- Je größer die Spurbreite b und niedriger der Massenschwerpunktes h des Fahrzeuges ist, desto höhere Fliehkräfte FF verträgt das Fahrzeug, sprich desto schneller kann das Fahrzeug durch eine gegebene Kurve, mit gegebenem Kurvenradius r fahren, ohne zu kippen.
- Je größer der Kurvenradius r ist, desto schneller kann das Fahrzeug durch die Kurve fahren, ohne zu kippen.
- Da die Masse m sowohl die Gewichtskraft FG als auch die Fliehkraft FF des Fahrzeuges beeinflusst, hat sie hinsichtlich Kippen keine direkte Auswirkung auf die maximale Kurvengeschwindigkeit vKippgrenze
Verifizierung des Kipp-Winkels durch einen Kipp-Test
Rosenbauer unterzieht jedes neu konzipierte Fahrzeug einem Kipp-Test. Bei diesem Test wird das Fahrzeug mittels Schwenk-Bühne in eine Schräglage gebracht. Es wird dadurch eine Kurvenfahrt simuliert.
Damit Feuerwehrfahrzeuge den allgemeinen Anforderungen zur Sicherheit und Leistung genügen und der Europäischen Norm EN 1846-2 entsprechen, müssen sie abhängig von ihrer Gewichtsklasse und ihrer Kategorie, um folgende statischen Kippwinkel gekippt werden können:
Wenn man das Kippverhalten bei stationärenFahrmanövern betrachtet, sind die gezeigten Zusammenhänge uneingeschränkt gültig.
Im instationären Fall, wie z.B. Einlenken in eine Kurve oder Wechselkurven, gewinnen auch Auslegung und Abstimmung von relevanten Systemen, wie – Fahrwerk, Lenkung, Antriebsstrang, Trägheitsmomente (Verhältnis der Eigenfrequenz von Gieren zu Rollen) – zunehmend Einfluss auf das dynamische Kippverhalten. Damit kann man über Veränderung dieser Parameter auch das Kippverhalten entsprechend beeinflussen.
Sehr geehrter Herr Scholz,
vielen Dank für Ihren Beitrag – Sie haben vollkommen Recht. Darum ist eine intensive Auseinandersetzung mit dem Fahrgestell, seinen fahrdynamischen Eigenschaften aus Sicht eines Aufbauherstellers auch essentiell. Wir bei Rosenbauer pflegen einen engen Kontakt zu den OEMs und versuchen das Gesamtpaket, also Aufbau + Chassis, so sicher wie möglich zu gestalten.
Ihr Zugang über die Eigenfrequenz klingt sehr interessant.Im Sinne einer stetigen Verbesserung werden wir auch diesen Aspekt auf unserem Test- bzw. Entwicklungs-Radar behalten.
Freundliche Grüße,
Peter Hutterer
Sehr geehrte Damen und Herren, kann bezüglich des Kippverhalten Bezug auf die Ausführung Modulbauweise vs. Klassische Bauweise (TLF 4000) genommen werden?
Wie beeinflussen die beiden Varianten das Fahrverhalten und den Kipppunkt? Vielen Dank für Ihre Einschätzung! MfG René Tischer
Sehr geehrter Herr Tischer,
bei gleichen Chassis sind die Massenschwerpunkte vom CBS (Modulbauweise) und vom AT annähernd gleich hoch. Der AT baut etwas höher, hat aber einen tiefer liegenden Wassertank.
Bzgl. Fahrverhalten ist der AT jedoch vorteilhafter auf Grund der steiferen Bauweise. Der AT ist sehr kompakt, der CBS verwindungsweicher wegen der einzelnen Module.
Freundliche Grüße,
Peter Hutterer